Uferpromenade mit Bergblick in Tirol Der Achensee
von Udo Seelhofer und Sandra Knopp
Ankunft im Örtchen Pertisau: Wir wollen uns erst einmal erfrischen bei einem heißen Kaffee oder einem Cocktail. Das geht am besten im ersten Stock der Vitalberg Café-Bar. Denn hier winkt ein Ausblick über den langen Achensee samt Bergkulisse. Mit seiner Konstruktion aus Glas und Stahl passt der Bau namens »Vitalberg« auf den ersten Blick so gar nicht in das ländliche Idyll. Doch wer Pertisau und die Umgebung etwas näher kennenlernt, versteht bald: Er steht durchaus sinnbildlich für die Modernität der Region in Sachen Barrierefreiheit. Hier wird viel dafür getan, Menschen mit Behinderung einen schönen Urlaub zu garantieren.
Öl aus Stein
Wir fahren mit dem Panoramalift (Türbreite 105 cm) vom Café im Vitalberg nach unten und begeben uns in das Tiroler Steinöl Museum im Erdgeschoss. Anhand der Geschichte der Steinölbrennerfamilie Albrecht wird uns via Audioguide in verschiedenen Sprachen nähergebracht,wie das Öl hier gewonnen wird und welche Produkte daraus hergestellt werden. Für Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren gibt es spezielle Führungen. Ein Teil davon ist die Sage des Riesen Thyrsus. Hier wird von Kindern für Kinder auf lustige Weise nacherzählt, wie Thyrsus mit einem bayerischen Riesen in einen Streit geriet, in dessen Folge nicht nur das Tiroler Steinöl, sondern auch das deutsche Bier entstand. Im Shop nebenan finden wir Mitbringsel: Aus Steinöl hergestellte Salben, Lotionen oder auch Shampoos. Der Eintritt kostet mit Schwerbehindertenausweis 6,50 EUR, ansonsten 8,50 €. Das Museum ist im Sommer von 9:00 bis 17:30 Uhr geöffnet. Der Besuch ist außerdem in der Achensee-Erlebniscard enthalten, ebenso wie die Schifffahrt auf dem See.
Nach dem Besuch im Museum begeben wir uns zum nur wenige Minuten entfernten Achensee. Die Uferpromenade ist größtenteils asphaltiert, sodass wir in Ruhe bei einer kleinen Spazierfahrt ein wenig frische Seeluft schnuppern können. Wer Lust auf ein Eis oder ein Getränk hat, kann es sich in der SeeBar gut gehen lassen und sich dabei am Ausblick auf den See erfreuen. Nur wenige Meter entfernt ist eine barrierefreie,
öffentliche WC-Anlage, die wir gegen etwas Kleingeld benutzen können.
Tirols größter See
Gelegen ist der Achensee nördlich von Jenbach, etwa 380 Meter über dem Inntal. Er ist bis zu 133 Meter tief und hat eine Fläche von knapp sieben Quadratkilometern. Damit ist er der größte See Tirols. Da der Achensee ein Gebirgssee ist, übersteigt seine Temperatur kaum jemals die 20 Grad-Marke. Dafür hat das Wasser annähernd
die Qualität von Trinkwasser. Für Segler und Surfer bietet der See aufgrund des Windes sehr gute Verhältnisse. Uferorte sind der Ferienort Pertisau, das Haus Seespitz (ein ehemaliges Hotel), die Orte Maurach und Buchau sowie die Gemeinde Achenkirch mit den Anlegestellen Scholastika und Achenseehof. Der Weg am Seeufer entlang lädt zum Verweilen ein. So gibt es in Pertisau einige barrierefreie Stege, auf denen wir eine Pause machen und das türkisblaue Wasser bewundern und den Ausblick genießen können. Hier wird Besuchern klar, warum der Achensee auch das »Tiroler Meer« genannt wird. Die Uferpromenade ist asphaltiert, sodass wir ganz bequem mit Blick auf den See dahinrollen können. Abends haben wir dann von der Promenade aus einen wunderschönen Blick auf das beleuchtete Maurach.
Über den See schippern
Nicht weit entfernt vom Vitalberg befindet sich die Anlegestelle für die Achensee-Schifffahrten. Die Fahrten sind prinzipiell barrierefrei, lediglich beim Einstieg gibt es eine kleine Schwelle zu überwinden, das Personal ist dabei gerne behilflich. Die Türöffnungen sind bei der MS Tirol und der MS Achensee 80 cm beziehungsweise 81,5 cm breit. Bei der MS Stadt Innsbruck beträgt die Türbreite 90 cm. Die Schiffe verfügen alle über barrierefreie Toiletten, bei der MS Tirol und der MS Stadt Innsbruck hat das Personal den dafür erforderlichen Schlüssel (bei der MS Achensee wird keiner gebraucht). Die MS Stadt Innsbruck hat außerdem einen Treppenlift, der uns im Rollstuhl auf das Oberdeck bringt. Die Abfahrtszeiten dieses Schiffes sind in den Plänen blau markiert. Getränke und Snacks werden an Bord ebenfalls serviert. Die Tische im Salon sind auf allen drei Schiffen mit dem Rollstuhl unterfahrbar. Eigene Rollstühle sind ebenfalls vorhanden. Falls diese benötigt werden, muss das aber einen Tag vorher bekanntgegeben werden. Der Fahrplan ist an jeder Anlegestelle ausgehängt, außerdem kann er gemeinsam mit weiteren Infos zu den Preisen unter www.achenseeschifffahrt.at eingesehen werden.
info@achenseeschifffahrt.at
+43 524 352 53
Achenseeschifffahrt
Seepromenade 36, 6213 Pertisau
Mo–Fr: 8 bis 17 Uhr
(Büro an Feiertagen nicht besetzt)
URLAUB IN SACHSEN OHNE BARRIEREN
Die kostenfreie Broschüre „Sachsen Barrierefrei“ stellt Ihnen 75 barrierefreie Unterkünfte und 483 barrierefreie Kultur- und Freizeiteinrichtungen in allen sächsischen Ferienregionen und den Städten Dresden, Leipzig und Chemnitz vor. Den Schwerpunkt bilden touristische Ziele, vor allem aus dem Kunst- und Kulturbereich. Alle Angebote finden Sie auch in der Online-Datenbank www.sachsen-barrierefrei.de.
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Tel +49 351 491700
info@sachsen-tour.de
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Eine Alm am Wasser
Aus Richtung Pertisau ist die erste Station der Bootstour die Gaisalm. Diese ist nur mit dem Schiff oder über den Wanderweg erreichbar. Damit ist sie Tirols einzige Alm, die über das Wasser erreichbar ist. Ein eigener Weg für Rollis von der Anlegestelle zur nahegelegenen Almhütte ist extra beschildert. Dieser ist zwar etwa 260 Meter länger, aber wesentlich einfacher zu bewältigen. Da der Pfad leicht ansteigt und in der Hütte nur Selbstbedienung ist, empfiehlt sich allerdings, die Gaisalm nur mit einer Begleitperson zu besuchen. Die Plätze auf der Sonnenterrasse bieten
»Tirols einzige Alm am Wasser«
einen wunderschönen Ausblick über den See, Kinder können sich auf dem Spielplatz austoben. Die Speisekarte beinhaltet Bodenständiges wie ofenfrischen Schweinebraten oder Tiroler Gröstl, einen Klassiker der regionalen Küche. Ein barrierefreies WC ist vorhanden. Wer sich nach dem Essen noch ein wenig erholen möchte,
findet nur wenige Meter weiter direkt am Achensee einige Parkbänke an Stellen, an denen wir gemeinsam herrlich die Seele baumeln lassen können.
Unterwegs auf drei Rädern
Für sportlich aktive Rollifahrende gibt es in der Region rund um den Achensee mehrere Strecken, die mit dem Handbike gefahren werden können. Einen Handbike-Verleih gibt es allerdings aufgrund der zu geringen Nachfrage leider nicht mehr, da die meisten Sportbegeisterten inzwischen ihr eigenes Gerät mitbringen. Folgende Routen sind besonders empfehlenswert:
Maurach – Achenkirch: Der Startpunkt dieser Strecke ist der Parkplatz Buchau. Von dort fahren wir immer den schön ausgeschilderten Weg entlang, bis wir schließlich bei der Schiffsanlegestelle Achenkirch Scholastika ankommen, wo sich der Umkehrpunkt befindet. Es besteht aber auch die Möglichkeit, das Handbike auf eines
der Schiffe mitzunehmen und dann damit zu jeder anderen Anlegestelle – mit Ausnahme der Gaisalm – zu fahren und von dort den Rückweg einzuschlagen. Bei dieser Route handelt es sich um eine etwas längere, dafür aber leichtere Fahrt, die am Seeufer entlangführt.
Restaurant Lagoon
Das Restaurant Lagoon in Maurach ist Teil des Achensee Atolls, eines Wassersportzentrums mit mehreren Innen- und Außenpools sowie einem Saunabereich. Das Lagoon empfängt auch Nicht-Badegäste von Montag bis Sonntag. Neben hausgemachten Pizzen, Burgern und Tortillas gibt es eine große Auswahl an Salaten für den
kleinen Hunger. Die barrierefreie Toilette der Anlage ist über einen Aufzug erreichbar.
Achensee Atoll
Achenseestraße 63
6212 Maurach am Achensee, Österreich
Telefon: +43(0) 524 320 320
eMail: info@atoll-achensee.com
»Saiblinge und Wildgerichte«
Fischerwirt
Seit mehr als 100 Jahren gibt es bereits den »Fischerwirt am See« in Achenkirch. Hier gibt es Forellen, Saiblinge, Seehechte und Zander. Auch Freunde von Wildgerichten kommen auf ihre Kosten. Restaurant und Terrasse sind ebenerdig, eine barrierefreie Toilette ist ebenfalls vorhanden.
Hotel Fischerwirt
Familie Kirchberger
Seestrasse 15
6215 Achenkirch, Österreich
Tel.: +43(0) 524 662 58
Mail: info@fischerwirt.tirol
www.fischerwirt.tirol
Pertisau – Falzturnalm: Hier führt der Weg vom Parkplatz Pertisau in Richtung Karwendeltäler. Nach etwa 300 Metern geht es links und dann immer weiter, bis sich der Waldweg ein weiteres Mal gabelt. Bei der Kreuzung biegt man wieder links ab, nach zirka einem Kilometer ist die Falzturnalm erreicht. Diese Strecke ist vor
allem wegen des Ausblicks auf das Gebirge empfehlenswert. Auch die Fahrt durch den lichten Fichtenwald ist die Mühe wert. Der Weg zur Falzturnalm ist komplett asphaltiert und kann mit dem E-Rollstuhl oder einer Begleitperson gut bewältigt werden.
Pertisau – Gramai: Diese Route hat denselben Ausgangspunkt wie jene zur Falzturnalm. Vom Parkplatz in Pertisau geht es Richtung Gramai, nach etwas mehr als 2,5 Kilometern nehmen wirdie Abzweigung in diese Richtung. Danach geht es immer geradeaus. Die Landschaft mit Tälern und hohen Felswänden bietet viel Abwechslung. Begleitpersonen können an den Fahrten übrigens auch teilnehmen. So gibt es zum Beispiel
bei »Sport Leithner« an der Talstation der Karwendel-Bergbahn einen Verleih für »normale« Mountainbikes, E-Bikes und auch Fahrradhelme in allen Größen.
Dorfwirt Sandgruber
»Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot« – Dieser Spruch hängt an einem Schild über einem der Tische des Pertisauer Dorfwirts. Nachdem wir die hausgemachten, mit Tiroler Graukäse gefüllten Schlutzkrapfen probiert haben, stimmen wir der Aussage gerne zu. Eine barrierefreie Toilette ist in dem traditionell eingerichteten Restaurant vorhanden. Die Türbreite beträgt etwa 90 cm.
»Schluzkrapfen mit Graukäse gefüllt«
Sandgruber
Karwendelstr. 59
6213 Pertisau am Achensee
Tel.: +43 524 355 05
info@dorfwirt-pertisau.at
Gondelfahrt zum Zwölferkopf
gerne die Aussicht auf die umliegenden Berge genießen möchte, kann mit der Karwendel Bergbahn eine Fahrt auf den Zwölferkopf unternehmen. Der Zwölferkopf ist ein knapp 1500 Meter hoher Berg südlich von Pertisau.
Er gehört zu den so genannten Vorhöhen der Rauer-Knöll-Verzweigung, dem südöstlichen Teil der Karwendel-Gebirgsgruppe. Die Bergbahn ist barrierefrei zugänglich, die Türbreite der Gondeln beträgt 89 cm.
Die Bergbahn mit ihren kleinen Gondeln fährt in der Hauptsaison alle 15 Minuten von 8:30 bis 17 Uhr. Direkt neben der Bergstation befindet sich ein Startplatz für die Paraglider, wo wir sehr schöne Fotos machen können. Eine Bergund Talfahrt kostet 19,50 Euro pro Person, bei der Achensee-Erlebniscard sind die Fahrten inklusive (Infos zur Card siehe Kasten). Die Barrierefreiheit der Bergbahn ist zertifiziert.
Die Talstation verfügt über ein barrierefreies WC, die Tür dazu ist etwas über einen Meter breit. Etwa 100 Meter von der Bergstation entfernt befindet sich der Alpengasthof Karwendel, wo wir Hausmannskost sowie einen spektakulären Panoramablick auf das Gebirge genießen. Der Weg dorthin führt über einen Schotterweg. Es gibt ein Schi-Förderband, das laut Wirtin auch als Rollstuhlrampe verwendet werden kann. Eine barrierefreie Toilette ist in Planung. Die Wanderwege sind leider nicht völlig barrierefrei und auch mit Begleitperson nicht immer zu bewältigen. Aber der spektakuläre Ausblick von hier oben auf die Berge und den Achensee lohnt die Fahrt.
ÜBERNACHTEN
Hotel Das Pfandler
»Haben sie schon einmal versucht, mit einer Tasse Kaffee auf dem Schoß im Rolli über eine Schwelle zu fahren? Bei uns können sie das!«, sagt Juniorchefin Marlene Entner selbstbewusst. Wer das Hotel genauer unter die Lupe nimmt, bemerkt sofort: Diese Aussage stimmt absolut. Der Eingang ist ebenerdig, die Rezeption verfügt über einen unterfahrbaren Sitztisch, auch die Tische im Restaurant sind unterfahrbar. Die Sonnenterrasse mit Blick auf den Achensee ist schwellenlos erreichbar. Die drei »Grenzenlos« genannten barrierefreien Zimmer befinden sich im Erdgeschoss. Dem Thema Barrierefreiheit widmete sich das Hotel, als die Entners die ebenfalls ihnen gehörende Karwendel Bergbahn als barrierefrei zertifizieren ließen. Sie setzten sich mit einer darauf spezialisierten Architektin an einen Tisch. »Ich habe ihr gesagt, dass wir im Erdgeschoss einige leerstehende Räumlichkeiten haben. Sie hatte dann die Idee, dort barrierefreie Zimmer einzurichten«, erklärt Juniorchef Markus Entner.
Der Gedanke sei dann weiter gereift, seine Frau Marlene habe als diplomierte Krankenschwester auch eine medizinische Komponente eingebracht. »Wir konnten uns immer mehr damit identifizieren und haben uns in das Thema eingelesen. Dann ging es in die Planungsphase«, so Entner. Dabei sei es gar nicht so einfach gewesen, den Handwerkern zu vermitteln, worauf sie achten müssen. Als Beispiel nennt Entner die Steckdosen, welche tiefer als sonst üblich liegen. In den Zimmern wurde an alles gedacht: Der Boden ist leicht berollbar und besteht aus hochwertigem Eichenholz. Die Betten lassen sich mit dem Rollstuhl unterfahren und die Matratze mit einer
Fernbedienung elektrisch verstellen. Notrufschalter befinden sich neben der Toilette, bei den Nachtkästchen und in der Dusche. Wenn diese betätigt werden, geht ein Alarm einerseits an die Rezeption, andererseits direkt auf das Handy von Marlene Entner, die dann nach dem Rechten sehen kann.
Sämtliche Haken und Griffe, sei es im Kleiderschrank oder in der Garderobe, wurden in unterschiedlichen Höhen angebracht. Badezimmer und Dusche können schwellenlos befahren werden, das Waschbecken hat eine optimale Höhe und zusätzliche Haltegriffe. Die Dusche verfügt über einen herunterklappbaren Duschsitz, sämtliche Armaturen können bequem im Sitzen bedient werden. Das WC hat einen fixen und einen klappbaren Haltegriff, bei der Buchung können wir – sofern die Zimmer frei sind – aussuchen, auf welcher Seite der herunterklappbare Griff sein soll.