Felsriesen in der Sächsischen Schweiz

von Margarethe Quaas

Foto: Tourismusverband Sächsische Schweiz e.V./ Rico Richteri

Die mystische Wildnis in Mitteleuropa

Wir tauchen ein in die Welt des Elbsandsteingebirges mit seinen majestätischen Tafelbergen und fantasievollen Felsformationen. Bereits die Anreise ist beeindruckend: Mit der Bahn fahren wir an der Elbe entlang, der Baumeisterin, dietiefe Schluchten und enge Klammen aus Sandsteinmauern erschuf, an denen heute Leuchtmoos und Schwefelflechte wächst.

Am Nationalparkbahnhof Bad Schandau angekommen führt ein barrierefreier Weg zur Anlegestelle, an der uns die Fähre über den Fluss trägt. Sie überquert die Elbe in etwa zehn Minuten. Ein leises Plätschern am Schiffsbug und kleine Verwirbelungen des Wassers begleiten uns bei der gemütlichen Überfahrt zur Stadt Bad Schandau.

Mystischer Weg zwischen Farnen und Felsen

Unsere erste Tour durch die Felsen beginnt an der Fähranlegestelle Wehlen. Die Route ist anspruchsvoll, das merken wir bereits beim Ankommen an der Fährstraße, mit einem Anstieg von sechs Prozent auf holprigen Pflastersteinen. Durch den Ort führt der Weg bei bis zu acht Prozent Steigung. Ab dem Wehlener Grund beginnt eine entspanntere Wegstrecke mit geteertem Untergrund und nur leichtem Anstieg. Hohe Laubbäume ragen über unsere Köpfe, nur das Tropfen von den Blättern durchbricht die beruhigende Stille.

Ab dem Uttewalder Grund wechselt der Untergrund zu weichem Waldboden, der durch Wurzeln oder Steine sehr uneben sein kann. An dem dicht begrünten und für den Rollstuhl zu schmalen Felsentor ist unser Ziel erreicht,

wobei bei dieser Tour der Weg das Ziel war: der Schluchtenweg mit seinen Überhängen, Höhlen und Nischen. Besonders wenn sich der Tag dem Ende zu neigt und die Dämmerung einsetzt, verändern sich die Formationen zu einer märchenhaft mystischen Kulisse.

Festung Königstein

Weithin sichtbar ragen die imposanten Festungsmauern aus den dichten Baumwipfeln empor. Auf 247 Metern thront die einst unbezwingbare Festung Königstein. Hier verschmelzen Felsen und Mauerwerk und fügen sich in die Formenvielfalt des Elbsandsteingebirges ein. Auf dem etwa zehn Hektar großen Plateau wurde für den Ernstfall eine kleine Stadt errichtet, die sich bei Belagerung mit einem Festungswald, dem zweittiefsten Burgbrunnen Europas, Bäckerei und Nutzgarten selbst versorgen konnte.

Wir fahren in einem geräumigen Lastenaufzug nach oben. Die fast 800-jährige Festung mit ihren 50 Bauwerken aus verschiedenen Epochen ist ein beliebter Besuchermagnet. Eine Übersichtskarte für mobilitätseingeschränkte Gäste zeigt, welche Ausstellungen barrierefrei sind. Einen guten Gesamteindruck gewinnen wir entlang der 1,7 Kilometer langen Festungsmauer. Alternativ gibt uns auch das niedrige Tastmodell eine Übersicht. Richtung Königsnase, der Spitze der Wehrmauer, wird der Weg mit zwölf Prozent Steigung und Pflastersteinen wieder mühsamer. An der
Spitze angekommen, lässt sich auf leicht befahrbarem Weg die beeindruckende Kulisse in vollen Zügen genießen. Vor uns sind die bekannten Steinriesen versammelt: der 400 Meter hohe Lilienstein, der 600 Meter hohe Tanzplan, die markanten Schrammsteine und der Pfaffenstein, der aufgrund seiner vielgestaltigen Struktur
auch als die »Sächsische Schweiz im Kleinen« bezeichnet wird. Wir rollen ins Festungsinnere.

Richtung Magdalenenburg, die im 17. Jahrhundert als Renaissanceschlösschen diente und im 19. Jahrhundert zu einem bombenfesten Proviantmagazin umgebaut wurde. Im Gebäude befindet sich auch eine behindertengerechte Toilette. Sie ist beidseitig anfahrbar und besitzt zwei klappbare Haltegriffe.

Vierzehn Ausstellungen in verschiedenen Gebäuden führen die Besucher durch die wechselhafte Geschichte der Burg als Königssitz, Militärfestung, Jagd-und Lustschloss, Staatsgefängnis oder Kriegsgefangenenlager. Der Ruf einer uneinnehmbaren Festung ging ihr voraus, denn in den 800 Jahren wurde nie versucht, sie militärisch zu erobern. Eine Ausnahme ist der Schornsteinfeger Sebastian Abratzky, der 1848 ohne Hilfsmittel die Außenmauer erkletterte.

Info: Es empfiehlt sich, zur Festung mit dem Auto anzureisen. Die ausgeschriebenen Parkplätze sind für Besucher mit blauem EU-Parkausweis kostenfrei.

Omas Hefekuchen

Im Offizierskasino gibt es eine verdiente kulinarische Stärkung. Wir genießen die böhmische Küche mit vegetarischer Extrawurst: weiche Knödel, fruchtiges Rotkraut und ein bunter Salat. Zum Nachtisch gibt es einen Quarkkuchen wie aus Omas Backofen mit buttrigem Hefeteig und knusprigen Streuseln. Dazu eine prickelnde Fassbrause.

Öffnungszeiten der Festung:
April–Oktober: 9–18 Uhr
November–März: 9–17 Uhr
Mehr Infos zur Barrierefreiheit:
www.festung-koenigstein.de/de/handicap.html

»Was stirbt, bleibt stehen, was fällt, bleibt liegen.«

Basteiaussicht

Das Wahrzeichen der Sächsischen Schweiz – die Bastei – darf auf unserer Reise nicht fehlen. Der berühmte Fels an der rechten Seite der Elbe ragt 305 Meter in die Höhe und lockt viele Besucher aus aller Welt auf die Plattform. Vom Basteiparkplatz aus, wo auch der Bus hält, führt eine breite asphaltierte Straße zum Basteihotel. Dort ist an beiden Seiten eine Terrasse mit Ausblick befahrbar. Zur Plattform führt ein Weg leicht abwärts hinter dem Panoramarestaurant entlang. Der malerische Blick inspirierte viele Künstler nicht ohne Grund: Bei Sonnenuntergang verschwimmen Blau- und Grüntöne ineinander, während mystische Nebelfelder hinter
Waldhügeln aufsteigen.

Achtung: Eine Anreise mit Fähre ist leider nicht möglich, da kein Bus vom Ort Rathen zur Bastei fährt und der Wanderweg nicht barrierefrei ist. Zwei Buslinien halten an der Bastei: Die Linie 254 zwischen Bad Schandau und Pirna und die Linie 237 von Pirna nach Sebnitz. In der Region bieten verschiedene Taxiunternehmen auch rollstuhlgeeignete Fahrzeuge an.

Zum Steinernen Tisch

Nicht nur der Ausblick lohnt, sondern auch der barrierefreie Wanderweg in die Wälder. Direkt gegenüber des kleinen Besucher-Parkplatzes führt ein Weg mit kurz andauernder Steigung in den Wald hinein. Unter dem dichten Blätterdach der Buchen, Birken, Fichten und Eichen bewegen wir uns an der Kernzone des Nationalparks entlang. Hier herrschen die Gesetze der Natur – Bäume dürfen alt werden, absterben und
zusammenbrechen. Pilze, Insekten und Mikroorganismen zersetzen das Holz und der Wald verjüngt sich selbst.

Sogleich weht uns aus diesem besonders geschützten Gebiet eine ätherische Waldluft aus Harz und feuchtem Holz entgegen. Der Weg zum 1710 errichteten Jagd- und Forstdenkmal führt entlang kaum spürbarer Höhenunterschiede, während der Untergrund größtenteils aus gut befahrbarem Waldboden besteht. Wir biegen in den breiten Forstweg Wehlstraße ein, an dem gefällte Roteichen liegen, gebietsfremde Bäume, die in der Pflegezone auch gefällt werden. Zurück zum Parkplatz geht es in zehn Minuten auf einem Gehweg entlang der Straße.

Panoramarestaurant Bastei

Es lohnt ein Besuch im Restaurant, der vorher angekündigt werden sollte. Dann wird man über den barrierefreien Wirtschaftseingang in den Gastraum mit eindrucksvollem Blick über das Elbtal bis in die böhmische Schweiz geführt. In der Speisekarte ist regionale Küche mit Geflügel, Fisch und Wild oder auch vegetarischen Alternativen zu finden. Zum Meißner Schwerter Bier gibt es für uns einen sättigenden Sojaburger mit dicken Pommes. Die Toilette im Restaurant ist rollstuhlgerecht mit einer Türbreite von 100 cm und einem Wendekreis von 120 x 150 cm. Das WC ist von der linken Seite anfahrbar, da an der rechten Seite eine Wand mit Haltegriffen anschließt. Links: 120 cm und ein klappbarer Haltegriff.

Berghotel Bastei GmbH
01847 Lohmen/Bastei
Tel. +49 (0)35024 779-0
E-Mail: info@berghotel-bastei.de

»Die Natur Natur sein lassen« – diese Maxime kennzeichnet den gesamten Nationalpark. Abgestorbene Bäume dienen als Behausungen und Nahrungsgrundlage vielzähliger Organismen. Es ist ein geschütztes Refugium für über 6 000 Arten von Pilzen, Pflanzen und Tieren. Einen wissenswerten Einblick in dieses Gebiet zeigt das Nationalparkzentrum Sächsische Schweiz in Bad Schandau. Im Gebäude befindet sich ein rollstuhlgerechtes WC mit einem Wendekreis von 150 cm und beidseitig klappbaren Haltegriffen. Der Abstand links beträgt 85 cm, rechts mehr als einen Meter.

www.nationalparkzentrum-saechsischeschweiz.de

Übernachten

Hotel Elbresidenz


Wer mit der Fähre in Bad Schandau anlegt, wird
von der herrschaftlichen Fassade der Elbresidenz
mit ihren Rundbögen und kleinen verzierten
Balkonen begrüßt. Das Hotel hält zwei Zimmer
für Rollifahrer bereit. Sie sind stilvoll und elegant
eingerichtet mit dunklem Holzparkett und
cremefarbener Inneneinrichtung. Das Badezimmer
ist sehr großzügig mit einem Wendekreis
von über 150 cm. Die Toilette kann beidseitig
angefahren werden und ist mit zwei klappbaren
Haltegriffen ausgestattet. Die Dusche hat einen
verstellbaren Duschhocker.
Das Frühstück lockt mit großem Buffet: Omeletts,
Rührei, große Kuchenauswahl, Müsli,
Nüsse, frische Früchte. Das Buffet ist etwas hoch
gelegen. Das nette und aufmerksame Personal
mit dem sympathischen Dialekt hilft aber gern
weiter. Unter Kronleuchtern genießen wir unseren
Kaffee mit Hafermilch. Und der Blick nach
draußen verrät, was der Tag so bereithält: Berge,
Grün und Sonnenschein.

Schöner Pluspunkt: Während des Aufenthalts
ist die Nutzung der Toskana-Therme kostenfrei.

Hotel Elbresidenz an der Therme Bad Schandau
Markt 1–11, 01814 Bad Schandau
Telefon: +49 (0)35022 91 90
reservierung@elbresidenz-bad-schandau.net

Foto: Bernhard Strauss
Foto: Bernhard Strauss

»Das Haus ist auf Gäste mit Behinderung vorbereitet«

Ferienstätte St. Ursula

Mitten im Grünen und mit Blick über die Elbe liegt die familienfreundliche Herberge St. Ursula. Das großzügige Gelände mit mehreren barrierefreien Ferienhäusern und Zimmern, dem Gemeinschaftshaus und einem großen Sport- und Spielplatz mit behindertengerechter Schaukel und ebenerdigem Trampolin wird seit 1955 von den Schönstetter Marienschwestern geleitet. Bei unserer Ankunft begrüßt uns Schwester Josefa und führt uns in Seelenruhe über das liebevoll gehegte Gelände. Kleines Highlight: die »Kleine Bastei«. Über eine Rampe führt ein Waldweg zu einem versteckten Aussichtspunkt. Die letzten Meter zur Plattform sind leider durch eine Treppe nicht barrierefrei. Durch die Bäume werfen wir aber einen Blick auf die Elbe und Wehlen und erahnen, wie schön es hier bei Sonnenaufgang sein muss. Das Haus ist auf Gäste mit Behinderung gut vorbereitet. Auch Gruppen kommen gern zu Besuch. Im Haus gibt es sechs rollstuhlgerechte Zimmer mit Mini-Küche, davon vier Doppelzimmer mit Terrasse und zwei Dreibettzimmer mit jeweils einem Pflegebett. Alle Zimmer haben eine großzügige Bewegungsfläche. Die WCs sind teilweise von links anfahrbar oder auch beidseitig. Kippbare Spiegel, Duschhocker und Kleiderlifte in den Schränken sind fester Bestandteil der Einrichtung.

»Das Haus ist auf Gäste mit Behinderung vorbereitet«

Im Gemeinschaftshaus finden Gäste und Betreuer Raum zum Lesen oder Spielen, Seminarräume und den Frühstückssaal mit Terrasse. Mit Blick auf die Baumkronen stärken wir uns bei einem Frühstück mit Müsli, Joghurt, Obst, Käsebrot und Kaffee. Auf beiden Etagen gibt es zwei rollstuhlgerechte Toiletten.

Familienferienstätte St. Ursula Naundorf
Sankt-Ursula-Weg 24
01796 Struppen/OT Naundorf
Telefon: (035020) 756 100
E-Mail: verwaltung@ferien-naundorf.de

Kulturtipp

Die berühmte Felsenbühne Rathen bietet buntes Theater vor scharfkantiger Felskulisse. Zu dem dramatischen Gelände fährt ein Shuttlebus, der aufgrund des langen und steilen Anstiegs unbedingt genutzt werden sollte. Vorher bitte anmelden. Zu den drei Rollstuhlplätzen mit jeweils einem Platz für eine Begleitperson führen eine Rampe oder ein Lift, der 81 cm breit und 140 cm tief ist. Eine rollstuhlgerechte Toilette ist auf dem Gelände vorhanden.

Fazit

Barrierefreie Wanderwege, Sehenswürdigkeiten und Unterkünfte inmitten einer ursprünglichen Stein- und Naturkulisse – der Nationalpark Sächsische Schweiz ist ein lohnendes Reiseziel für echte Naturliebhaber.

Margarethe Quaas

Mehr Infos, genaue Wegbeschreibungen der
Wanderrouten und Kontaktdaten:


www.nationalpark-saechsische-schweiz.de/
besucherinformation/barrierefrei

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