Taxi zum Pieks: Verbände fordern mehr Gleichstellung rund um das Impfen
von Gabriele Wittmann
Behinderte Menschen leben nicht nur in Heimen, sondern wohnen auch selbstbestimmt in ihren eigenen vier Wänden und organisieren mit Unterstützung der Persönlichen Assistenz ihr Leben selbst. »Deshalb ist es wichtig, dass diese Gruppe von Menschen eher wie behinderte Menschen in besonderen Wohnformen ein Impfangebot erhält, wie es die Ständige Impfkommission auch vorsieht«, forderte die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e. V. (ISL) auf einer online veranstalteten Klausurtagung.
»Viele behinderte Menschen haben seit März 2020 aus Angst vor einer Infektion das Haus nicht mehr verlassen«, heißt es seitens der ISL. »Eine bessere Priorisierung beim Impfen dieser schützenswerten Gruppe von Menschen hat nichts mit Bevorzugung oder dergleichen zu tun, sondern mit Chancengleichheit und Gleichberechtigung, diese Pandemie ebenfalls und gerade im Zuge der Triage-Problematik zu überleben.«
Behinderte Menschen würden ohnehin schon von dem hiesigen Gesundheitssystem strukturell benachteiligt – als Beispiel wäre die nicht freie Arztwahl für Menschen mit Behinderung aufgrund der wenigen vorhandenen barrierefreien Praxen zu nennen. Zudem seien viele behinderte Menschen einem höheren Risiko ausgesetzt, sich anzustecken, da sie sich behinderungsbedingt schlechter orientieren und Abstand halten könnten.
Fehlende Barrierefreiheit
Selbst wenn jemand schon Anspruch auf eine Impfung habe, sei der Zugang sowohl bei der Terminvergabe als auch in den Impfzentren bisher nicht barrierefrei gestaltet, moniert die ISL. Auch Ability Watch e. V. und der Deutsche Behindertenrat hatten die fehlende Barrierefreiheit in einer Stellungnahme kritisiert.
Barrierefreie Taxis
Ein positiver Vorstoß zum Transport kommt aus dem Bundesland Berlin: In einem Brandbrief an die Gesundheits- und die Sozialsenatorin fordert die Landesvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Ursula Engelen-Kefer, den Einsatz von barrierefreien Taxis für die Beförderung älterer und behinderter Menschen zu den Impfzentren.
»Dies ist eine notwendige Ergänzung der vorbildlichen Aktion des Berliner Senats für den Zubringerdienst durch kostenfreie Taxis für hochbetagte Menschen. Dabei müssen auch die durch unser Projekt eingeführten und vom Berliner Senat geförderten Inklusionstaxis für Menschen mit Behinderungen eingesetzt werden«, so Engelen-Kefer.
Dazu sei im Vorfeld mit den Taxiunternehmen zu klären, welche Inklusionstaxis verfügbar sind und wie die barrierefreien Taxis über die Zentrale »Taxi Berlin« (Tel. 202 020) vermittelt werden können. Dies könne auch zu einer höheren Inanspruchnahme der öffentlich geförderten Umrüstung zur Barrierefreiheit beitragen. Gleichzeitig müssten dringend die Anschreiben zum Impftermin durch den Senat um den Hinweis ergänzt werden, dass Menschen im Rollstuhl in den dafür ausgerüsteten Inklusionstaxis befördert werden können.