Wohin des Weges?
von Gabriele Wittmann
Das Zertifizierungssystem »Reisen für Alle« steht vor einer strategischen Neuausrichtung
Das Label »Reisen für Alle« kennzeichnet mit einem bundesweit einheitlichen System die Qualität des barrierefreien Reisens. Doch erst 2 500 Betriebe wurden bislang zertifiziert. Zu wenig, befand das Bundeswirtschaftsministerium. Und fordert Veränderungen.
Wir kennen es alle: Der Urlaub ist gebucht, wir reisen an und stehen plötzlich vor ungeahnten Hürden. Vor Ort stellt sich dann heraus, dass die angeblich barrierefreie Unterkunft mitnichten den Angaben entspricht. Um solche Überraschungen zu minimieren, gibt es seit vielen Jahren Hilfsmittel wie den jährlich erscheinen den Reiseführer »Handicapped Reisen« oder das deutsche Kennzeichnungssystem »Reisen für Alle«
»Reisen für Alle« wurde 2011 gegründet, um die Qualität der Barrierefreiheit von Hotels und anderen touristischen Zielen zu beschreiben. Träger des Projekts wurde das Deutsche Seminar für Tourismus (DSFT) in Berlin. Speziell geschulte Erheber besuchen seitdem Hotels, die sich zertifizieren lassen möchten, aber auch Gaststätten oder ganze Ortschaften. Sie beschreiben auf den Zentimeter genau Schwellen, Türbreiten, Haltegriffe und weitere wichtige Gegebenheiten.
Zwar gibt es durch das Kennzeichnungssystem nicht mehr barrierefreie Übernachtungsmöglichkeiten als zuvor. Doch immerhin werden mehr Informationen verfügbar. Deswegen wird das Label von vielen Behindertenverbänden als detailliert und verlässlich gelobt. Zehn Jahre lang wurde seine ständige Weiterentwicklung vom Bundeswirtschaftsministerium unterstützt. Dann lief die Finanzierung offiziell aus und nun?
In die Fläche kommen
Aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) kam deutliche Kritik an der »fehlenden Marktdurchdringung« des Labels. Konkret gesprochen: Aus einem Markt potenzial von über 650 000 tourismusrelevanten Institutionen und Betrieben seien innerhalb Deutschlands nur 2 566 zertifizierte Objekte veröffentlicht worden. Dem Projektträger sei es »in der langen Phase der Anschubförderung durch das Bundeswirtschaftsministerium nicht gelungen, das System wirtschaftlich selbsttragend zu gestalten«, so der Vorwurf.