Wer steckt eigentlich hinter …Para.ESports?
von Gerti Keller
Eigentlich ist Martin Stengård »nur« ein Vater. Doch gerade deswegen hat der IT-Experte aus Schweden im März 2022 die Organisation Para.Esports gegründet. Das Ziel: E-Sports für Menschen mit Behinderung zu fördern. Was treibt ihn an? Es ist Sigge, sein jüngster Sohn. Der heute 14-Jährige leidet unter Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) und ist ein begeisterter Counter-Strike-Spieler. »Alles begann damit, dass ich für Sigge vor zwei Jahren über LinkedIn einen Coach gesucht habe, der ihn beim Spielen unterstützt«, erzählt Stengård. Er schrieb dort: »Suche Trainer für einen Jungen, der nicht alle Zeit der Welt hat.« Dann kam eins zum
anderen. Durch das Spielen knüpfte der junge Sigge Kontakte zu anderen Gamern mit der gleichen Muskelschwundkrankheit. »Da lag der Gedanke nahe, ein Team zu gründen«, berichtet der 48-jährige Vater. Und legte los. Das Team wurde unter dem Namen Lilmix.Para in der Szene bald recht bekannt.
Mittlerweile kommt die fünfköpfige Truppe sogar ziemlich in der Welt herum. »Mein
Traum ist, dass die Mannschaftsmitglieder auf lange Sicht als professionelle E-Sportler arbeiten und davon leben können«, wünscht sich Stengård. Keine Utopie: Etliche Gamer mit Behinderung haben das bereits vorgemacht und sind weltweit erfolgreich.
»Mal jemand anderes sein«
Computerspiele & Co bieten allen Gamern Abenteuer, die sie nie im echten Leben ausprobieren würden
E -Sports machen Spaß und trainineren Reflexe und Augen-Hand-Koordination. Das gilt für Menschen mit Behinderung auch, und vielleicht noch mehr. Ein schwedisches E-Sports-Team hat sich herausgewagt in die
Welt der Profi-Spieler. Als die etwas andere E-Sports-Mannschaft beim DreamHack im Winter 2021 in Jönköping anrollte – bei der immerhin größten LAN-Party der Welt – sorgte sie für Aufmerksamkeit: Es
waren fünf Rollifahrer, die an Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) leiden und mit einer großen Crew anrückten. Jeder hatte zwei bis drei persönliche Assistenten dabei. Es war der erste öffentliche Auftritt der Gamer-Gruppe – und ein echter Erfolg: »Wir haben zwar nicht die Trophäe geholt, aber trafen jede Menge Fans. Es war wirklich cool«, berichtet das jüngste Teammitglied Sigge alias Siggelito.
Tor zur Außenwelt
Erst seit wenigen Jahren haben Veranstalter die vielen Gamer mit Einschränkungen überhaupt »auf dem Schirm«. Und langsam sind auch die Spiele barrierefreier geworden. Endlich, denn gerade Menschen mit Behinderung bieten sie ein Tor zur Außenwelt, und das in vielerlei Hinsicht. Inzwischen gibt es mit Lilmix.Para sogar das erste Profi-Team, echte Vorreiter, die allerdings so manche Herausforderung meistern müssen. So auch vor Ort in Jönköping: »Drei von fünf der Jungs können nur noch die Hände ein wenig bewegen«, erklärt Teamleiter Martin Stengård. Folglich leiden diese auch unter einer sehr schlechten Durchblutung und bekommen schnell kalte Hände.
»Im Zooladen geheizte Pads besorgen«
Zudem fand das Event im Winter in einer großen Halle statt. Dennoch: »Wir spielten mit dem gleichen Equipment wie alle anderen auch«, sagt der 21-jährige Teamkollege Emil »LoGGan« Appelqvist. Sie hatten lediglich extrem leichte Mäuse und Headsets, keine weiteren technischen Hilfen. »Ich werde aber im Zooladen noch geheizte Pads besorgen, die es für Geckos oder Schlangen gibt. Die dienen uns dann künftig als warme Mauspads«, schildert Stengård.